Stillberatung

Wie wichtig ist Stillen?

03-08-23
Stillberatung

Muttermilch ist ein Alleskönner. Sie ist immer mit den richtigen Inhaltsstoffen auf das kindliche Bedürfnis abgestimmt.

5 Minuten
Melanie Roche
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Stillvorbereitung beginnt in der Schwangerschaft

 

Unsere Stillberaterinnen Brigitte Signer Touloupis und Silke Meyer schöpfen im Interview aus ihrem grossen Erfahrungsschatz rund um das Thema Stillen. Sie empfehlen Schwangeren, bereits vor der Geburt mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Stillvorbereitung hat einen grossen Einfluss auf einen guten Stillstart.

 

Interessierte können unter stillberatung@see-spital.ch oder telefonisch unter 044 728 17 87 Termine vereinbaren.

Stillberaterinnen Silke Meyer und Brigitte Signer Touloupis

Warum ist das Stillen von Babys wichtig?

Das Stillen hat viele positive Auswirkungen – sowohl für das Baby als auch für die Mutter. Muttermilch liefert eine perfekt abgestimmte Ernährung, immer hygienisch und immer in der richtigen Temperatur. Wenn Muttermilch ausreichend vorhanden ist und das Baby bei Bedarf trinken kann, braucht es in den ersten 6 Monaten nichts Anderes.

 

Zudem fördert das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind. Das Saugen kräftigt die Gesichts- und Mundmuskulatur, was sich positiv auf die Sprachentwicklung auswirkt und dabei hilft, Atemwegs- und Ohreninfekte vorzubeugen. Darüber hinaus stärken die Nährstoffe der Muttermilch das Immunsystem, helfen beim Aufbau einer gesunden Darmflora und fördern die Organreife.

Hat das Stillen auch für Mütter Vorteile?

Auf jeden Fall. Das Stillen beschleunigt die Rückbildung der Gebärmutter. Zudem sinkt das Risiko, Stoffwechselerkrankungen zu erleiden. Auch das Brustkrebs- und Eierstockkrebsrisiko sinkt.

Hat die Schwangerschaft einen Einfluss auf das Stillen?

Eine gut erlebte, gesunde Schwangerschaft ist die optimale Voraussetzung für einen unkomplizierten Stillstart.

Inwiefern kann das Stillen vorbereitet werden?

Die Stillzeit beginnt unmittelbar nach der Geburt. Ein ausgiebiger Hautkontakt in den ersten Stunden nach der Geburt leiten eine positiv erlebte Stillzeit ein, häufiges Stillen bringt die Milchbildung in Gang. Nach den Anstrengungen der Geburt sind die Mütter oft sehr erschöpft und wollen in Ruhe gelassen werden. Wenn sich Mütter bereits während der Schwangerschaft über die Grundlagen des Stillens informieren, wird es ihnen leichter fallen, nach der Geburt erfolgreich zu stillen.

Was ist mit Müttern, die weniger gute Erfahrungen mit Stillen gemacht haben?

Eine Frau, die bereits ein Kind geboren hat, wird sich fragen, wie sie dem Stillen begegnen soll – besonders wenn die Erfahrung negativ war. Mit der gestärkten Eigenkompetenz und dem Erfahrungsschatz vom ersten Kind wird das Stillen des neuen Babys besser organisiert. Die Mütter sind sensibilisiert, informieren sich und suchen früher Unterstützung.

 

Sollte sich eine Mutter gegen das Stillen entscheiden, wird sie beim Abstillen und in der Anleitung zur Säuglingsernährung ebenfalls gerne beraten. Die Stillberaterinnen vom See-Spital gehen individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche der Mütter ein, um sie auf die Zeit mit dem Neugeboren einzustimmen.

Worum geht es bei der Kolostrumgewinnung?

Kolostrum ist die erste Milch, die bereits ab etwa der 16. Schwangerschaftswoche tröpfchenweise gebildet wird. Sie ist eine wertvolle Substanz, die mit ihren Immunfaktoren das Kind vor Infektionen schützt und dabei hilft, eine gesunde Darmflora aufzubauen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Stabilisierung des kindlichen Blutzuckerspiegels nach der Geburt.

Besonders bei Kindern von diabetischen Müttern muss der Blutzucker eng überwacht werden. Diese Babys haben ein erhöhtes Risiko, nach der Geburt eine Unterzuckerung zu entwickeln. Daher wird empfohlen, diesen Kindern in den ersten 30 Minuten nach der Geburt Nahrung anzubieten. Hier kann das in der Schwangerschaft gewonnene Kolostrum gefüttert werden.

 

Das Gewinnen und Lagern von Kolostrum macht auch bei Kindern Sinn, bei denen Diagnosen wie Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Herzfehler oder auch ein vermindertes Wachstum feststehen, sowie bei Mehrlingen. Frauen mit bekannten Schwierigkeiten bei der Milchbildung profitieren ebenfalls vom sogenannten Kolostrum Banking.

Wann wird mit der Kolostrumgewinnung begonnen?

Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft kann ab der 37. Schwangerschaftswoche begonnen werden. Bei einer Risikoschwangerschaft oder bei einem geplanten Kaiserschnitt sollte mit der Stillberaterin abgeklärt werden, ob die Kolostrumgewinnung möglich ist. Bei Fragen zu diesem Thema kann man sich gerne an die Stillberatung See-Spital wenden.

Wie merkt man, ob ein Baby hungrig ist?

Es gibt frühe, mittlere und späte Hungerzeichen. Wenn ein Neugeborenes schreit, ist dies bereits sein spätestes Zeichen. Die Babys sollten alle 2 bis 3 Stunden nach der Geburt die Brust, gesammeltes Kolostrum oder adaptierte Säuglingsanfangsnahrung angeboten bekommen – idealerweise auch in der Nacht. Schlaf ist in der ersten Lebenszeit nicht prioritär, sondern die Kalorienaufnahme. Es wird sogar empfohlen, die Kinder zu wecken und zum Trinken zu motivieren.

 

Die Brust sollte pro Mahlzeit ca. 10 bis 15 Minuten stimuliert werden. Stillen ist eine Zeit des innigen Kontaktes. Hormone, die den Milchfluss fördern, können sich in der Ruhe am besten entfalten. Störfaktoren wie Handy oder TV sind nicht unbedingt sinnvoll. Auch die Anwendung vom Nuggi ist in der ersten Zeit eher hinderlich, da er Hungerzeichen verdeckt und das Kind eine andere Saugtechnik benutzt, was zu Verwirrung beim Trinken an der Brust führen kann.

Welchen Einfluss hat die Ernährung der Mutter auf das Stillen?

Bereits in der Schwangerschaft sollte die Ernährung vielseitig und ausgewogen sein. Vegetarische oder vegane Ernährung ist kein Stillhindernis, sollte jedoch von Fachpersonen begleitet werden.

 

Es besteht während der Zeit des ausschliesslichen Stillens ein Mehrbedarf an Kalorien. Koffein und chininhaltige Getränke sollte man nur sehr zurückhaltend zu sich nehmen.  Idealerweise trinkt die Wöchnerin täglich ca. 2 Liter Wasser oder Tee.

 

Stillende sollten Alkohol vermeiden, da dieser in die Milch gelangt. Bei besonderen Anlässen geht ein kleines Glas Wein, Bier oder Sekt unmittelbar nach dem Stillen in Ordnung. Danach sollte man bis zum nächsten Stillen mindestens zwei Stunden warten.

Wie lange dauert eine Stillperiode?

Kinder profitieren nachweislich von einer langen Stillzeit. Die WHO empfiehlt, nach dem zweiten Geburtstag weiter zu stillen, insofern Mutter und Kind dies wünschen. Der weltweite Stilldurchschnitt liegt bei 3 Jahren.

 

Vielen Dank für das Interview Silke Meyer und Brigitte Signer Touloupis.

 

Informationsquellen für unseren Blog und Sie:

 

  • Gute Stillbücher
  • Internetquellen z.B. Still-Lexikon.de, Stillförderung Schweiz, La Leche League
  • Ausführliche Geburtsvorbereitungskurse
  • Stillberatung in der Schwangerschaft
  • Vorgespräch mit der ambulanten Hebamme
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