Lungenkrebs Interview mit Dr. Alexander Turk Start >Lungenkrebs: Interview mit Dr.... 01-11-21Lungenkrebs: Interview mit Dr. Alexander TurkEin Gespräch über Stigmatisierung von Lungenkrebspatienten, moderne Therapieformen und warum Rauchen viel zu billig ist.7 MinutenFrank Engelhaupt Im Rahmen der Initiative Lung Cancer Awareness Month (LCAM) ist der November dem Thema Lungenkrebs gewidmet. Dass ein ganzer Monat nach dieser Erkrankung benannt wurde, zeigt deren Brisanz. Auch für Dr. Alexander Turk, Präsident des Vereins Lunge Zürich und Chefarzt der Medizinischen Klinik am See-Spital, ist Lungenkrebs ein Dauerbrenner. Mit Lungenkrebs ist nicht zu spassen. Lungenkrebs gehört zu den gefährlichsten Krebsformen. Dr. Alexander Turk, Klinikleiter Medizin am See-Spital Was ist das Wichtigste, das ich bezüglich Lungenkrebs wissen muss? Das Wichtigste ist, dass mit Lungenkrebs nicht zu spassen ist. Lungenkrebs gehört zu den gefährlichsten Krebsformen. Er ist vielleicht nicht ganz so häufig wie Brustkrebs bei Frauen oder Prostatakrebs bei Männern. Doch die Mortalität ist weitaus höher. Beim Thema Lungenkrebs landet man schnell in der Raucherecke. Zurecht? Rauchen ist eindeutig der stärkste Risikofaktor. Wenn nicht geraucht würde, gäbe es praktisch keinen Lungenkrebs. Wer also punkto Lungenkrebs aufklären und sensibilisieren will, muss immer auch über Themen wie Tabakkonsum, Sucht oder Rauchstopp sprechen. Dr. Alexander Turk im Gespräch mit einem Patienten. Ich habe gelesen, dass Betroffene häufig stigmatisiert werden. Es heisst: Selber schuld, du wusstest doch, dass Rauchen Krebs verursacht. Zur Krebsdiagnose kommen so noch Scham und Schuldgefühle hinzu. Dass bei Lungenkrebs in der Regel eine Selbstverschuldung dahintersteckt, lässt sich leider nicht aus der Welt schaffen. Man muss das Rauchen als Nikotinsucht und somit als Krankheit sehen. Doch es stimmt schon: Bei Lungenkrebs ist die Tendenz grösser, dass sich Betroffene verschliessen. Sie verharmlosen Symptome oder verschweigen dem Arzt, wie viel sie tatsächlich rauchen. Bei anderen Krankheiten ist das nicht so. Auch in den Medien sieht man häufig Prominente, die sich für eine Sensibilisierungskampagne zu Brustkrebs zur Verfügung stellen. Mit Lungenkrebs stellt man sich nicht gerne ins Scheinwerferlicht. Die beste Medizin ist also Nichtrauchen. Wie hält man Leute von der Zigarette fern? Indem man verhindert, dass vor allem Kinder und Jugendliche an Tabakprodukte kommen. Man muss den Einstieg erschweren. In Kalifornien ist das beispielsweise gelungen, dort ist die Raucherquote mittlerweile bei 10 Prozent. Rauchen ist viel zu billig. Dr. Alexander Turk, Klinikleiter Medizin am See-Spital Macht es die Schweiz der Tabakindustrie und denen, die rauchen wollen, zu leicht? Eindeutig. Rauchen ist viel zu billig, der Preis wäre der beste Hebel. Der Gesetzgeber hätte es in der Hand gehabt, den Paketpreis schlagartig von 5 auf sagen wir 15 Franken zu erhöhen. Dies hätte bei Jugendlichen garantiert Wirkung gezeigt. Das neue vorgeschlagene Tabakproduktegesetz ist in dieser Hinsicht leider zahnlos. Dr. Alexander Turk untersucht einen Lungenpatienten. Gesetzliche Regulierung ist das eine. Doch wie bekommt man Leute, die bereits rauchen, von der Zigarette weg? Wenn jemand aufhören will, braucht es Unterstützung. Man muss beraten, coachen, Rückfälle besprechen. Dazu kommt, dass der Erfolg eines Rauchstopp-Programms stark von individuellen Faktoren abhängt. Einige sprechen gut auf Nikotinpräparate an. Bei anderen funktionieren Antidepressiva, die das Verlangen lindern. Wieder andere brauchen in einer Gruppe die Motivation von Gleichgesinnten. Wie ist die Erfolgsquote bei Rauchstopp-Programmen? Bei einer Therapie mit Medikamenten liegt die Entwöhnungsrate etwa bei 30 Prozent. Bei Nikotinersatz sind es 10 bis 15 Prozent, bei reiner Beratung 5 Prozent. Aber das sind nur Zahlen. Die Entwöhnung ist ein Prozess, Rückfälle inklusive. Meine Erfahrung ist, dass es durchschnittlich sieben Anläufe bis zur Rauchfreiheit braucht. Dass man heute Tumore auf Molekular-Ebene identifizieren kann, ermöglicht eine massgeschneiderte Therapie. Dr. Alexander Turk, Klinikleiter Medizin am See-Spital Sprechen wir noch ein bisschen von den medizinischen Aspekten. Wie wird ein Lungenkrebs behandelt? Jeder Krebs verhält sich anders. Spannend in diesem Zusammenhang ist, dass man Tumore heute bis auf die molekulare Ebene identifizieren und zuordnen kann. Dies ermöglicht eine massgeschneiderte Therapie. Das war vor zehn Jahren noch nicht in dem Ausmass wie jetzt möglich. Sind diese Therapien erfolgreich? Zu diesen modernen Therapieformen erscheinen regelmässig Studien, die sehr vielversprechend sind. Doch Wunder bewirken können auch sie nicht. Die Mortalität bei Lungenkrebs ist nach wie vor sehr hoch. Lungenkrebs ist ein düsteres Thema. Zum Schluss wäre eine gute Nachricht schön. Man kann einer Erkrankung vorbeugend entgegenwirken. Fit bleiben, viel Bewegung ist gut. Wenn Sie dann noch darauf achten, keine Substanzen zu inhalieren, die nicht in den Körper gehören, haben Sie schon viel dafür getan, dass Ihre Lunge gesund bleibt. Herr Dr. Turk, vielen Dank für das Gespräch.Verbindung zu den Leistungen vom See-Spital Unsere Pneumologie ist spezialisiert in der Abklärung von Lungentumoren. Unter diesem Link finden Sie weitere Informationen zu unseren Leistungen: Mehr erfahrenAndere Blogartikel zurück zur ÜbersichtSocial Media besuchen besuchen besuchen Beitrags-Navigation Previous postEndometriose: Interview mit Barbara TruyersNext postWir stellen vor: Jacqueline Bender