Nephrologie

Aus dem Alltag einer Dialysepatientin

10-06-21
Aus dem Alltag einer Dialysepatientin

Mehr als 4500 Personen in der Schweiz benötigen eine regelmässige Dialyse – Tendenz steigend. Wie ist das, wenn man dreimal pro Woche zur Dialyse muss? Frau Garber ermöglicht einen Einblick in ihren Alltag.

5 Minuten
Alexandra Gunz
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Was ist eine Dialyse?

Im Endstadium der chronischen Nierenkrankheit, wenn die Nierenfunktion nur noch 10-15% beträgt, sind die Nieren nicht mehr in der Lage, Abfallstoffe und überschüssige Flüssigkeiten aus dem Körper zu filtern. Infolgedessen treten Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Kurzatmigkeit und verstärkte Wassereinlagerungen auf. In diesem Stadium reagiert der Körper auch nicht mehr ausreichend auf die medikamentöse Behandlung, sodass die Patientin oder der Patient in diesem Augenblick dialysepflichtig wird. Das Dialysegerät hilft dem Körper, indem es die Aufgaben der ausgefallenen Nieren übernimmt. Dazu zählt die Reinigung des Blutes durch die Entfernung von Abfallprodukten, das Entfernen überschüssiger Flüssigkeiten aus dem Körper, sodass eine konstante Wassermenge im Körper erhalten bleibt und das Ausgleichen von Unregelmäßigkeiten im Salz- und Säurehaushalt.

 

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von Dialysebehandlungen unterschieden: Bei der Hämodialyse erfolgt die Reinigung des Blutes über einen künstlichen Filter, bei der Peritonealdialyse dient das eigene Bauchfell als Filter. Dank jahrzehntelanger Forschung ermöglicht es die Dialyse, dass sogar bei einem vollständigen und/oder unwiderruflichen Organversagen eine hohe Lebensqualität gewährleistet werden kann. Schweizweit sind mehr als 4500 Menschen auf eine Dialyse angewiesen, eine davon ist Frau Garber.

Beginn eines neuen Lebensabschnitts

Unsere Kauffrau in Ausbildung, die zurzeit Marketing- und Kommunikationsluft schnuppert, und ich besuchen Frau Garber auf der Dialysestation. Unsere Interviewpartnerin entdecken wir passend zum diesjährigen grauen und regnerischen Maiwetter gemütlich eingekuschelt in einer flauschigen Decke in einem Bett neben dem Fenster. Frau Garber hat ihre Kopfhörer aufgesetzt und blickt verträumt in die Ferne. Sie war gerade dabei die Nachrichten zu hören, wie sie uns erzählt. Auf der Dialysestation geniessen die Patientinnen und Patienten von jedem Bett aus einen Blick über den Zürichsee. “Die Aussicht hier ist ein Stück Lebensqualität und überhaupt nicht selbstverständlich. Ich war schon bei einer Dialysestation die im Keller war!” berichtet Frau Garber. Wir setzen uns zu ihr und beginnen unser Gespräch. Obwohl unsere Lehrtochter und ich bereits vor dem Interview mit Frau Garber wussten, was eine Dialyse ungefähr ist, möchten wir mehr über den Alltag einer Dialysepatientin wissen.

 

Frau Garber ist 72 Jahre alt. Seit bald zwei Jahren ist sie auf die Dialyse angewiesen, in Behandlung bei uns ist sie seit knapp einem Jahr. Grund dafür war ein Nierentumor. Die vom Tumor befallene Niere musste entfernt werden, die Dialyse unterstützt also ihre noch Funktionierende. Heute kommt sie dreimal pro Woche für jeweils vier Stunden ins See-Spital. Frau Garber erinnert sich zurück: “Als mein damaliger Arzt mir erklärte, dass ich künftig regelmässig zur Dialysebehandlung muss, wusste ich noch gar nicht, was auf mich zukommen wird.” Trotz Ungewissheit hatte sie überhaupt keine Angst vor der ersten Behandlung. Es stellte sich aber bald heraus, dass ihr Leben eine 180 Grad Wende machen wird.

Mir wurde ein Stück Freiheit genommen

Frau Garber, Dialysepatientin am See-Spital

“Mein Leben muss ich der Dialyse unterordnen”, sagt Frau Garber. Das Gespräch wird ernster, trotzdem strahlen ihre Augen. Allgemein wirkt Frau Garber sehr positiv und aufgestellt. Sie ist auch uns sowie dem Team von Pflegefachpersonen im Raum gegenüber sehr herzlich. Immer noch gemütlich eingekuschelt dreht sie sich ein wenig mehr zu uns und fährt fort: “Seit der ersten Dialyse hat sich mein Leben verändert. Ich bin mittlerweile geografisch an einen Ort gebunden, weil ich dreimal pro Woche für vier Stunden dialysieren muss. Früher konnte ich spontan für einen Städtetrip verreisen. Das geht mittlerweile nicht mehr so einfach. Es gibt die Möglichkeit, in einem anderen Spital (auch im Ausland) eine Dialysebehandlung zu machen. Allerdings ist dies auch mit administrativen Aufwand verbunden, deshalb ist meine Spontanität deutlich eingeschränkt. Auch meine Ernährung musste ich umstellen. Ich kann nicht mehr einfach essen, was ich möchte. Mir geht es gut, aber mir wurde durch die Dialyse ein Stück Freiheit genommen.”

Auch für die Beziehung ist die Dialysebehandlung einschränkend

Frau Garber über die Herausforderungen einer regelmässigen Dialysebehandlung

Ein wichtiger Halt ist Frau Garbers Partner. Sie haben sich auf einer Online Dating Plattform kennengelernt und sind seit vier Jahren ein Paar: “Wir sind sehr verliebt”, sagt sie. Ihren Mund konnte ich aufgrund der Maske nicht sehen, bin mir aber sicher, dass sie schmunzelte. Auch wir müssen lächeln. Sie sind beide verwitwet, umso schöner, dass sich die beiden gefunden haben. Als sie sich kennenlernten, haben sie viel unternommen, was jetzt leider nicht mehr so einfach ist. “Auch für die Beziehung ist die Dialysebehandlung einschränkend”, fügt sie hinzu. Sie meistern aber auch den neuen Alltag gemeinsam. Ihr Partner unterstützt sie in allen Belangen, wofür Frau Garber sehr dankbar ist.

Von Kaffee und "Bares für Rares"

Wenn Frau Garber bei uns dialysiert, trinkt sie zu Beginn meistens einen Kaffee und geniesst dazu ein Brötchen. Ihr Tablet hat sie auch immer dabei, damit sie ein Buch lesen oder sich auf diversen Nachrichten-Apps über die aktuellen Geschehnisse informieren kann. Schmunzelnd erzählt sie uns, dass sie sich auch gerne die Fernsehsendung “Bares für Rares” anschaut. Manchmal macht sie auch ein kleines Nickerchen. Sie geniesse aber vor allem auch die Gesellschaft des “ausgezeichneten Personals”, wie Frau Garber unser Team der Nephrologie lobt, “ich plaudere gerne mit ihnen. Auch Dr. Matheis, der leitende Arzt der Nephrologie, ist sehr sympathisch, kompetent und nimmt sich immer Zeit, wenn ich Fragen habe.” Wir unterhalten uns noch ein wenig weiter mit Frau Garber und verabschieden uns dann von ihr. Heute ist sie etwas müde, das sei normal während und nach der Dialyse. Sie muss noch zwei Stunden bleiben, danach geht sie nach Hause zu ihrem Partner.

 

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals bei Frau Garber für ihre Zeit und ihre Offenheit bedanken. Wir beide waren sehr beeindruckt von ihrer positiven Art und wünschen ihr für die Zukunft weiterhin alles Gute.

Verbindung zu den Leistungen vom See-Spital

Unter diesem Link finden Sie alle wichtigen Informationen zur Nephrologie und Dialyse.

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